Castellum Misniense gegründet am 17.1. a.U. 55 (1914)Castellum Misniense

Reychsnummer 192
Reychsfarben: Schwarz-Gelb-Rot
gegründet: 17.1. a.U. 55
Erloschen: a.U. 78
Mutterreych: Kemnitzia

Misniense – Meißen! Wer kennt sie nicht: die Stadt des weltberühmten Porzellans, in natürlicher Schönheit am Elbestrom gelegen, ihre Burg, ihren Dom, ihre bedeutende Industrie, ihren lebhaften Fremdenverkehr?

„Uhufinster“ war es aber noch in Meißen; denn hier wußte man bei dem oft harten, nüchternen Berufsleben noch nichts von „Schlaraffia“ und ihren hohen Zielen – Kunst, Humor und Freundschaft zu pflegen, um dadurch den Geist von allen profanen Sorgen und Nöten gesunden zu lassen.

Da kamen a. u. 53 (1912) drei Schlaraffen nach Meißen, um hier ihren profanen Beruf auszuüben: 1. Herrl. Tornero der Kloppstock, Kurfürst von Meißen, des hohen Reyches Kemnitzia (E. Oelschlägel); 2. Ritter Graf Enderle der Reimer des Reyches Kemnitzia, Ehrenritter des h. Reyches Chasalla (Adolf Reuss); 3. Ritter Dom von Meißen d. h. Reyches Glauchavia (Bernhard Mosebach). Sie vermißten recht schmerzlich ihre altgewohnten schlaraffischen Zusammenkünfte im lieben Meißen und beschlossen daher, den Versuch, dem Bunde hier an der Elbe ein Nest zu bauen. Zu diesem Zwecke wurde am 15. des Hornung a. u. 54 (1913) im Saale des damals noch kgl. Burgkellers zu Meißen unter Führung der drei obigen Sassen eine Sippung abgehalten, um den geladenen Neulingen einen schlaraffischen Abend praktisch vorzuführen und Sinn und Zweck des Bundes kennenzulernen. Recken der hohen Reyche Kemnitzia, die sich bereit erklärt hatte „Mutterstelle“ der Neugründung zu übernehmen, sowie Dresdensia und Glauchavia waren in großer Zahl an diesem Abend eingeritten. Der Thron wurde von der Kemnitzia besetzt. Schließlich waren 20 profane Meißner ernstlich willens, Schlaraffen zu werden, so daß die Colonie am gleichen Abend noch gegründet werden konnte.

Sie erhielt den Namen Colonie Castellum Misniense! Als Burg diente ein kleiner Saal des kgl. Burgkellers.

Die 4. Sippung, die am 14. Lenzmondes a. u. 54 (1913) stattfand, gehörte zu den bedeutendsten für die Entstehung des Reyches. In dieser Sippung wurde durch feierlichen Ritterschlag die Erhebung aller Prüflinge in den Ritterstand vorgenommen. Von diesen damaligen ersten Sassen des Reyches lebt noch heute der Ritter Conterfey mit Freuden und sofort, Erzh. (Willy Baring).

Die Verwandschaft der Colonie ergab folgendes Bild: Mutter Kemnitzia, Großmutter Glauchavia, Urgroßmutter Dresdensia.

Eine Freudenbotschaft brachte der Colonie die 24. Sippung am 23. des Eismondes a. u. 55: die Gründungsbewilligung durch die hohe Allmutter Praga. (Gegeben am 17. Des Eismondes a. u. 55).

Die Gründungsfeier selbst fand am 14. des Hornung a. u. 55 statt, Recken aus 14 Reychen waren hierzu eingeritten. Allmutter Praga war vertreten durch Herrlichkeit i. R. Dynamo. Ein unbeschreiblich schönes Bild boten Rüstungen und Farben der Erschienenen. Die Gründungsfeier gestaltete sich zu einem herrlichen, unvergeßlichen Feste.

Wohl keiner ahnte aber wohl damals, daß es bis zur Erreichung des nächsten Zieles, der Sanktion, fünf lange Jahrungen währen würde.

Der 10. Des Ostermondes a. u. 55 (1914), der Tag der 35. Sippung, war ein schwarzer Tag für Castellum Misnienses. Graf Enderle der Reimer, einer der Gründer des Reyches, war plötzlich und unerwartet in Ahalla eingeritten. Eine starke Säule der noch jungen Colonie lag geborsten am Wege. Um so mehr schlossen sich aber die Sassen zusammen, das begonnene Werk zu schützen.

Vom 16. bis 18. des Brachmondes a. u. 55 fand das VIII. Allschlaraffische Concil zu Turicensis statt. Fünf Sassen der Colonie verließen die Gemarkung, um sich hieran zu beteiligen. Voller Begeisterung über das dort Erlebte und Geschaute kehrten sie damals wieder zurück.

Mit Not und bitterster Entbehrung wurden die Zeit des großen Krieges und die darauffolgenden zwei Jahre Nachkriegszeit überstanden. Niemals war aber der schlaraffische Gedanke mehr am Platze und geeignet, innerlich und moralisch wieder Halt zu gewinnen, in einer Zeit, in der alles verloren schien. Hierzu waren die Sippungen besonders geeignet, sich einmal über alle profanen Nöte und Sorgen zu erheben.

Am 18. Des Windmondes a. u. 56 (1915) bezog das Reych die neue Burg „Drachenloch“ (im Ratskeller zu Meißen).

Zum Schlusse der Winterung am 29. des Lenzmondes a. u. 56 wurde den Sassen in der 53. Sippung die große Freude zuteil, von der Allmutter Praga die Sanktionierung der Colonie Castellum Misniense als „Reych Castellum Misniense“ zu erhalten.

Am 24. Des Windmondes a. u. 59 (1918) traf das Reych wiederum ein harter Schlag: die stärkste Stütze, Mitgründer und Förderer, Herrlichkeit Tornero, ritt in Ahalla ein.

Mit der 75. Sippung am 1. Des Lethemondes a. u. 60/ 61 (1919/ 20), zog mit Beginn der Winterung neues, frisches Leben in die Burg ein. Endgültig wurde die noch ausstehende Sanktionsfeier beschlossen und am Sonntag, dem 30. des Windmondes, feierlichst in der Burg abgehalten. Im Auftrag der Allmutter Praga wurde sie von Hkt. Lombard des h. Reyches Kemnitzia vollzogen. Hierbei waren 26 Recken auswärtiger Reyche und 24 Recken der Colonie vertreten. Die fungierenden Oberschlaraffen des Reyches waren Hkt. Heuschreck und Hkt. Plastolinus. In der 90. Sippung wurde Ritter Montan als dritte Herrlichkeit erküret.

Auf dem Concil in Caroli Termae vom 8. bis 12. des Herbstmondes a. u. 62 vertrat das Reych als Legat Herrlichkeit Plastolinus, begleitet von den Rittern Bengal, Bussard, Schmerzlos, Schnapphahn, Smyrna und Uha. Der Entwurf der Concils-Medaille stammt von Hkt. Plastolinus. Sie wurde angenommen und in Böttgersteinzeug von der Staatlichen Porzellanmanufaktur in Meißen ausgeführt. Herrlichkeit Plastolinus, wurde von der Allmutter Praga für seine künstlerische Leistung mit dem hohen Orden für Kunst und Wissenschaft ausgezeichnet. Für das Reych schuf Plastolinus die überall bekannten und geschätzten Porzellanahnen.

Die künstlerisch wertvolle handschriftliche Chronik des Castellums ist ebenfalls sein Werk, wie auch ein großer Teil der als Kunstwerke ganz besonderer Art ausgestatteten Vortragslisten seinem reichen Schaffen entstammt. Der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle erwähnt, daß sich in regelmäßigem Wechsel an der Herstellung der Vortragslisten auch noch in dankenswerter Weise die Ritter Rotfaden, Nichts Graupenstrom und Conterfey, alles freischaffende Künstler, beteiligten. Die Vortragslisten sind als ewige Erinnerungszeichen an die damaligen Zeiten und an alle diese lieben Freunde erhalten geblieben. Bis auf Ritter Conterfey sind diese Recken leider alle in Ahalla eingeritten.

Zu aller Freude entwickelte sich das Reich Castellum Misniense immer mehr und mehr, so daß schließlich die Burg „Drachenloch“ im profanen Ratskeller zu klein wurde. Das Reych weihte daher am 20. des Lenzmondes a. u. 62 eine neue, dritte Burg im profanen Erlanger Hof in der Lorenzgasse ein, in der es bis zur Auflösung sippte.

Mit Sendboten vom 17. des Ostermonds a. u. 65 (1924) verlieh die hohe Allmutter dem Castellum Misniense die hohe Auszeichnung des Ordens „Aha“.

Als die dunklen Tage der Unduldsamkeit a. u . 74 (1933) über unser Vaterland hereinbrachen, zählte das Reych 43 Sassen, wovon bis zum Tage der Auflösung in der 506. Sippung a. u. 78 (1937) noch sieben Sassen tapfer und uhutreu gesippt haben.

Ein schöner Glanzpunkt in dieser schweren Zeit war die Feier der 500. Sippung am 9. des Eismondes a. u. 78 unter Beteiligung zahlreicher Sassen befreundeter Reyche. Bei dieser Feier war zur großen Freude der Sassen auch der Mitgründer Ritter Dom von Meißen (Bernhard Mosebach) zugegen.

Wenn hiermit der Auszug aus der Chronik des Reyches zum Abschluß gebracht wird, so sei in der Geschichte des Castellum Misiense mit besonderer Betonung der Name eines Sassen vor allen anderen genannt: Erbherrlichkeit Plastolinus (Professor Erich Hösel, akademischer Bildhauer, Gestaltungsdirektor an der Staatlichen Porzellanmanufaktur). Als einer der Getreuesten ist er am 29. 12. a. u. 94 (1953) in seinem 85. Lebensjahr in die Gefilde Ahallas eingeritten. Das Reych bleibt diesem schaffensreichen Sassen und großen Künstler zu ewigen Dank verbunden.

[zitiert aus “Chronik des Verbandes Allschlaraffia zur Hundertjahrfeyer in Norimberga a.U. 100“, Herausgeber: Verband Allschlaraffia, Landshut, 1959, S. 394 bis 397]

In der reichhaltigen Kulturlandschaft um der profanen Stadt Meißen wieder ein UHU-Nest zu begründen und ein neues Reych erblühen zu lassen ist unser Panier.